Die Zeiten für Online-Publisher werden immer härter. Gerade klassische Verlage, die erst vor wenigen Jahren aufgrund fallender Print-Auflagen und dem schwächelnden Anzeigen-Markt zunehmend auf ihren Online-Content gesetzt haben, fragen sich zunehmend, wie sich das eigene (werbefinanzierte) Geschäftsmodell in Zukunft noch wirtschaftlich gestalten lässt. AdBlocker und Co. bringen das etablierte Modell der Online-Werbung jedoch in Bedrängnis. Das nahm sich die New York Times im Jahr 2011 zum Anlass, eine weitere Ausbaustufe von „Bezahlschranken“, zu entwickeln – die sog. „Metered Paywalls„.
Das Prinzip ist einfach: Webseiten-Inhalt gegen Bezahlung. Lange Zeit galt diese Paywall-Variante als eine der effektivsten Bezahlschranken für Website-Content, weil sie verhältnismäßig leicht zu implementieren war. Doch gerade dieser Effekt setzt Online-Plattformen wie die NYT zunehmend unter Druck, da inzwischen viele Browser-Hersteller die hinter den Paywalls stehenden Mechaniken standardmäßig mit ihren werkseitigen Browser-Einstellungen umgehen.
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Was sind Metered Paywalls?
Eine Paywall (Bezahl-Wand oder Bezahl-Schranke) ist eine Barriere, die einen bestimmten Website-Content (z.B. einen Nachrichtenartikel) durch einen softwareseitigen Mechanismus vor dem Zugriff unbefugter bzw. nicht berechtigter Benutzer schützt. Im Regelfall lässt sich der gesperrte Content erst durch eine Zahlung einer „Mikro-Gebühr“ oder durch das Abschließen eines Abonnements freischalten. Damit lassen sich Paywalls grundsätzlich zu „Paid Content“ zählen, unterscheiden sich jedoch in einigen Punkten von Online-Memberships.
Denn im Gegensatz zur Membership-Website, die für den Zugriff auf geschützte Inhalte einen Benutzer-Login erfordert, können Metered Paywalls („metered“ engl. für „dosiert“) über den Einsatz von Cookies ermitteln, ob ein Webseitenbesucher ein Neubesucher ist oder bereits auf der Website war.
Abhängig davon wird entschieden, ob der (neue) User einige Artikel kostenlos lesen kann oder freundlich und penetrant aufgefordert wird, nun doch bitte endlich ein paar Cents oder Euros für den top-journalistisch ausgearbeiteten Content zu entlöhnen. Pay for Fairness sozusagen.
Die New York Times bietet derzeit etwa 3 Artikel pro Monat kostenfrei zum Lesen an. Im nachfolgenden Screenshot ist ein Hinweis auf die übrige Content-Verfügbarkeit ersichtlich.
Sobald wir unsere Munition durch unbedachtes Surfen in den News verpulvern, fliegt uns nicht nur ein Cookie nach dem anderen hinterher, sondern im nächsten Moment die Metered Paywall um die Ohren und bittet uns zur Kasse:
Nach einer erfolgten Bezahlung ist der Website-Content nun unbeschränkt zugänglich.
Paywalls mit Chrome umgehen
Einige Browser bringen ihre User gar nicht erst in die Versuchung, Geld für eine virtuelle Wand aus dem Fenster zu schmeiße. So auch Google Chrome. Denn der Browser verhindert in seinem inzwischen weit verbreiteten „Inkognito-Modus“ das Anlegen und Auslesen von Cookies, über die die meisten Paywalls funktionieren.
Nachdem auch Browser-Entwickler wie Mozilla/Firefox ähnliche Private-Modi implementierten, waren auch die Paywall-Entwickler gezwungen, erneut Hand an den Quellcode anzulegen, um langfristige Umsatzeinbußen zu verhindern.
Wie heise.de über Chrome 76 berichtet, zog die NYT im Februar diesen Jahres nach und implementierten einige Zeilen JavaScript, mit der die Website prüfen kann, ob die sog. FileSystem API des User Device aktiviert oder deaktiviert ist. Letzteres ist im Privat-Modus der unterschiedlichen Browser meistens der Fall. Wer unter dem Radar fliegt, darf also ebenso wenig den Content besuchen. Vergleichbar mit den Adblocker-Blockern.
2:1 für die NYT
Auch wenn die Times die Nase gerade vorne hat, kann das Gegentor in wenigen Wochen kommen. Denn Ende Juli steht das Release von Chrome 76 an, mit dem eine Änderung an der FileSystem API vorgenommen wird. So soll es für Webanwendungen nicht mehr möglich sein, den Zustand der API abzufragen bzw. die Nutzung eines Inkognito-Modi zu erkennen. Damit wäre es dann also auch weiterhin möglich, die meisten Metered Paywalls zu umgehen. Es bleibt also spannend.